Ein Jahr Krieg in der Ukraine - Ukrainische Flüchtlinge berichten

Für Freitag, den 10. März, lud Bündnis 90/Die Grünen Bad Camberg zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Ein Jahr Flucht aus der Ukraine – Erfahrungsberichte von Ukrainischen Flüchtlingen“ ein. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Malteser Hilfsdienst aus Limburg-Weilburg organisiert. Über 50 Bürger*innen verfolgten die Vorträge im vollbesetzten Clubraum im Kurhaus. Versammlungsleiter Dieter Oelke konnte auch prominente Gäste begrüßen: die Staatsekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Ayse Asar, Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Reusch-Demel, den zukünftigen Bürgermeister Daniel Rühl und die Fraktionsvorsitzenden in der Stadtverordnetenversammlung.

Der Fokus dieses Abends lag auf den Erlebnissen und Schicksalen der vielen Menschen, die vor Krieg und Gewalt aus der Ukraine geflohen sind. So waren Ukrainer*innen, die nach der Flucht vor dem verbrecherischen Angriffskriegs Putins nun in unserer Region leben, eingeladen, ihre Geschichte zu erzählen. Dies machte auch Ayse Asar in ihrem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung deutlich, als Sie zu den Ukrainner*innen sagte: „Heute Abend geht es um Sie!“

Bevor die eigentlichen Berichte begannen, kündigte Mohamad Osman, der Integrationsdienstleiter der Malteser, welcher durch die Veranstaltung führte, zuerst Victoria an, die bereits im Alter von 13 Jahren vor dem Krieg aus ihrer Heimatstadt Kiew fliehen musste. Sie sang zur Einstimmung ein ukrainisches Lied. Ein weiteres Mädchen von 15 Jahren, Maria, ebenfalls aus Kiew, sang zwischen den einzelnen Beiträgen Lieder über die Hoffnung.

Die Veranstaltung kann als sehr emotional beschrieben werden, da besonders durch die Schilderung des alltäglichen Lebens in der Ukraine deutlich wurde, welch zerstörerische Dimensionen und katastrophale Folgen für die Bevölkerung dem Krieg innewohnen.

Zuerst berichtete die Professorin Tetyana Zaytseve anhand von Fotos über ihre Heimatstadt, der Millionenmetropole Dnipro. Voller Wehmut zeigte sie, wie schön die Stadt gewesen ist. Die Krankenschwester Maryna Myronenko erzählte von ihrem Leben in ihrer Heimatstadt Charkiw, mit 1,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Ukraine. Sie berichtetet, dass Charkiw als die ukrainische Hauptstadt der Studierenden gilt. So studieren in Charkiw mehr als 200 000 Menschen. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass die Stadt als sehr international gilt. Maryna hatte Bilder ihrer Heimatstadt mitgebracht. Auf diesen wirkte Charkiw, mit vielen Parks und – wie sie erzählt, einem der größten Zoos Europas – wie eine äußerst grüne und lebenswerte Stadt. Dies änderte sich jedoch am 24. Februar 2022, dem Tag, an dem Putin die Ukraine überfiel. „Es ist nicht leicht darüber zu sprechen, wie wir Charkiw verlassen haben“, erzählte Maryna. Sie floh aus Charkiw vor Gewalt und Krieg, um ihre Kinder zu schützen.

Der Ingenieur Isam Haji Osman, ebenfalls aus Charkiw, schilderte den Moment des Kriegsbeginns wiederum ganz plastisch. Am 24. Februar wollte er eigentlich nach Dnipro reisen. Bevor er jedoch losfuhr, setzte er sich noch einmal vor den Fernseher. Hierbei erlebte er unmittelbar die Abschaltung des ukrainischen Rundfunks in seiner Heimatstadt durch Putins Invasoren. Fast parallel hörte er Donnergrollen – ein Vorbote der, durch Raketeneinschläge ausgelösten, späteren Explosionen. Isam erzählte eindrücklich, wie er tagelang nach einer Möglichkeit suchte, aus Charkiw zu fliehen. Dabei erlebte er, dass viele Menschen in den U-Bahn-Stationen Zuflucht suchten. Auf den Bahnhöfen wurden durch chaotischen Zustände Kinder von ihren Familien getrennt. Isam gelang schließlich die Flucht nach Deutschland, wobei diese, wie er schildert, einer Odyssey glich.

Weitere Ukrainer*innen, auch aus Bad Camberg, berichteten über ihre schrecklichen Erlebnisse. Filmsequenzen zeigten Orte vor und nach der Zerstörung. Die meisten Ukrainer*innen der Veranstaltung leben inzwischen länger als ein Jahr in Deutschland. Das, was sie erlebt haben, können sie erzählen, doch was sie fühlen, ist für sie nicht beschreibbar. „Mein Herz ist dort und ich bin hier“, sagte Dolmetscherin Maria, die aus der Nähe von Lwiw kommt und von ihrem Mann getrennt wurde. Sie floh mit ihren Kindern nach Deutschland und leitet nun eine Integrationsklasse in Herborn. Auf die Frage, wie ihre Zukunft aussehen würde, könne sie aber keine Antwort geben. Die Ukrainer*innen bedankten sich mehrfach über die Hilfe, die Ihnen in Deutschland gewährt wird und empfinden es als eine große Hilfe, dass sie über das Geschehene sprechen dürfen.

Durch die Berichte der Ukrainer*innen, wurde der Abgrund, der sich durch den Überfall des Putin Regime und die damit verbundene Gewalt und Vertreibung auftut, ganz greifbar. Die Besucher*innen der Veranstaltung konnten eindrücklich nachvollziehen, welch entsetzliche Folgen der Krieg für die Menschen hat, die von ihm betroffen sind. Die Auswirkungen des Verbrechens der russischen Führung dürfen niemals verschwiegen, sie müssen erzählt werden.



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