Diskussion um Neubaugebiete im Bauausschuss

Trotz erheblicher Einwände der Grünen hat sich am 1. Februar im Bauausschuss eine Mehrheit für die Aufstellung von zwei Bebauungsplänen für Neubaugebiete in Schwickershausen („in der Hohl“) und Würges im Bereich Höhenstraße / Schöne Aussicht („Kachel“) ausgesprochen.

Eigentlich sollte es in Deutschland und Hessen Ziel sein, bis 2045 klimaneutral zu werden und die Neuversiegelung von Boden von aktuell täglich 54 Hektar stark zu reduzieren. Doch die Neuausweisung von Wohngebieten mit Einfamilienhäusern in den Ortsteilen schafft neue Anreize für ein Lebensmodell, dessen Klimaneutralität nicht absehbar ist und dessen C02-Fußabdruck wir uns als Gesellschaft eigentlich nicht mehr leisten sollten: hoher Pro-Kopf- Verbrauch von Fläche, Baustoffen, Heizkosten und motorisiertem Individualverkehr. Für die Grünen ist eine Bedingung für die Planung von Neubaugebieten, dass Bahnhof, Schule und Einkaufsmöglichkeiten fußläufig erreichbar sind, so dass für alle Menschen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe am öffentlichen Leben möglich ist. Nachverdichtungsmöglichkeiten im Innenbereich sollten immer vorher geprüft werden. Nachhaltige, verkehrsarme und vielfältige Wohnformen sollen nach Ansicht der Grünen eine hohe bauliche und soziale Dichte und attraktive öffentliche Räume aufweisen. Sie sollen anpassungsfähig und flexibel auf unterschiedliche Lebensmodelle, Lebensphasen und demographischen Wandel reagieren. Diesen Anforderungen genügt die Planung von neuen Gebieten für Einfamilienhäuser in Schwickershausen und Würges nicht. Deshalb haben die Grünen im Bauausschuss gegen beide Vorhaben gestimmt.

Für eine geordnete Entwicklung und Planung sieht das Planungsrecht in Deutschland das System des Regionalplans, Flächennutzungsplans der Gemeinde und Bebauungsplan für einzelne Baugebiete vor. Die niedrigere Ebene muss dabei jeweils der höheren Ebene entsprechen. Für die beiden geplanten Baugebiete müssten Änderungen im Flächennutzungsplan, bzw. eine Befreiung vom neuen Regionalplan beantragt werden, der für den Bereich in Würges einen „Regionalen Grünzug“ entlang der Emsbachaue vorsieht.

Aktuell wird ein neuer Regionalplan Mittelhessen mit nachhaltigen Entwicklungszielen und Strategien aufgestellt. Die Grünen in Bad Camberg fordern die Aufstellung eines entsprechenden neuen Flächennutzungsplans für Bad Camberg für eine qualitative und zukunftsfähige Entwicklung des Gemeindegebiets.

Gemäß Regionalplan dürfen in den Ortsteilen nur Neubaugebiete ausgewiesen werden, wenn es einen Eigenbedarf und keine Möglichkeiten der Innenentwicklung gibt. Beides konnte im Bauausschuss nicht überzeugend dargelegt werden. Im letzten Jahr hat das Angebot von Einfamilienhäusern auf dem Immobilienmarkt in Bad Camberg stark zugenommen. Es gibt aktuell Verkaufsangebote für 30 - 40 Häuser auf mindestens einem bekannten Immobilienportal. Die Ausweisung von Neubaugebieten würde hier genau den falschen Anreiz schaffen, nämlich dass die Modernisierungsbereitschaft für Bestandsgebäude sinkt. Als Nachweis des Eigenbedarfs gilt eine ältere und den Ausschussmitgliedern nicht vorliegende Liste von gesammelten Interessenten. Grüne und SPD forderten, diese Liste auf Dopplungen und Aktualität zu überprüfen und möglicherweise eine niedrige Gebühr zu erheben, damit sich Bewerber um Baugrundstücke nur bei wirklichem Interesse eintragen.

Für Unmut im Bauausschuss sorgte auch die seit längerem beschlossene, aber ausgebliebene frühzeitige Information der Anwohner*innen im Bereich der Neubaugebiete. Frühzeitige und wirkliche Bürgerbeteiligung ist auch ein großes Anliegen der Grünen. Über die Aufstellung der zwei Bebauungspläne wird bereits auf der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 15. Februar abgestimmt. Auch für die nächste Gremienrunde im April wurde die Diskussion um nochmals neue Baugebiete angekündigt, weitere Verfahren laufen aktuell. Die Grünen haben angekündigt, diese Entwicklungen in Zukunft sehr kritisch zu hinterfragen und hoffen dabei auf Rückenwind aus der Zivilgesellschaft.



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