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Zu einem Waldbegang unter dem Thema „Der Wald im Klimawandel“ mit dem Förster Frank Körver hatte der Ortsverband Bad Camberg von Bündnis 90/Die Grünen unter der Federführung von Dieter Oelke am Freitagabend eingeladen. Eine Gruppe von 32 Personen fand sich am Treffpunkt „Waldschlösschen“ ein.
Wälder sind Sehnsuchtsorte und seit der Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts in Gedichten, Märchen und Sagen ein wichtiges Element deutscher Kulturlandschaften. Der Dichter Joseph von Eichendorff sprach vom „rauschenden Wald“ als einem „Hallraum der Seele“. Aus den Märchen der Brüder Grimm ist der Wald nicht wegzudenken: Das zarte Rotkäppchen, das im Wald dem Wolf begegnet. Die verängstigten Hänsel und Gretel, die im Wald auf die böse Hexe treffen. Und schon viel früher, im Nibelungenlied, leben im Wald märchenhafte und fantastische Wesen. Die Natur war beseelt und eine Umweltverschmutzung in dem Ausmaß, wie wir sie heute haben, völlig undenkbar.
Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Deutschland eine parallele Entwicklung zwischen dem romantischen Wald auf der einen Seite und einer eher nüchternen wissenschaftlichen Betrachtung auf der anderen, welche wirtschaftliche Perspektiven eröffnet. Darauf wies Förster Körver hin und auch darauf, dass im Stadtwald bei allem Handeln der Haushalt der Stadt Bad Camberg immer im Auge behalten werden müsse.
Der Klimawandel hat die Fichten vernichtet
Das größte Problem für den Wald sei aktuell der Klimawandel, erklärte der Förster. Er habe den Wald in den letzten Jahren stark gebeutelt: 2018 hätten Stürme zu großflächigen Verlusten in den Fichtenbeständen geführt, dann setzte die Trockenheit und in der Folge der Borkenkäfer, dessen Population wärmeliebend ist, den verbliebenen Fichten zu. Fichten wachsen schnell, ihr Holz ist sehr gefragt. Doch sie wurden in der Vergangenheit auch in Regionen angepflanzt, in denen sie von Natur aus nicht vorkommen. Fichten kommen gut mit wenig Nährstoffen oder kühlen Temperaturen zurecht, aber nicht mit Trockenheit oder gar Dürre. Jede Fichte, die kränkelt, so Förster Körver, sende Botenstoffe aus, welche den Borkenkäfer anlockten. Dieser Fichtenfeind lege zwischen Rinde und Holz im Bereich des Kambiums der Stämme seine Brutgänge an. Durch die Brutgänge wird der Transport der lebenswichtigen Assimilate gestört und der Baum geht zugrunde. Normalerweise wehren sich gesunde Fichten bis zu einem gewissen Grade gegen den Anflug von Borkenkäfer durch die vermehrte Produktion von Harz. Doch durch die Schwächung der Bäume durch die langanhaltende Trockenheit, ist die Gegenwehr fast vollkommen zum Erliegen gekommen.
Da die Fichten meistens in Reinbeständen dicht beisammenstehen, ist der Weg für die Käfer bis zum nächsten Brutbaum nicht weit. Bekämpfen kann man den Borkenkäfer nicht. Der einzige vorbeugende Schutz ist die „sauberer Waldwirtschaft“, bei der die Brutmöglichkeiten für die natürliche, latent vorhandene Käferpopulation reduziert wird. Das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Grade. Bei einer Massenvermehrung, wie wir sie seit 2019 erleben, ist dieses Verfahren machtlos. Als Folge mussten nahezu alle abgestorbenen Fichten gefällt und aus dem Wald transportiert werden. Auch wenn Borkenkäfer und andere „Schadinsekten“ dem Wald schaden, gehören sie doch zur natürlichen Lebensgemeinschaft des Waldes und leisten im Kreislauf der Natur ihren Beitrag.
Die Natur ist aus dem Gleichgewicht
Natürliche Feinde des Borkenkäfers sind Spechte oder andere Insekten wie Ameisenbunt- oder Laufkäfer. Doch durch die Umweltveränderungen gibt es mittlerweile zu wenig Insekten, was sich wiederum auf die Population der Vögel negativ auswirkt. Natur ist auf vielfältige Weise vernetzt, doch im Moment sei alles aus dem Gleichgewicht geraten, erklärte der Förster. Und wie sehr alles vernetzt ist, konnten die Teilnehmer an einer alten Buche beobachten. Ihre Rinde löst sich ab, denn sie hat durch plötzlich vermehrt auftretende Sonneneinstrahlung Sonnenbrand. Die Buche stand ihr Leben lang im Schatten des angrenzenden Fichtenwaldes. Doch seitdem dieser durch den Borkenkäferberfall verschwunden ist, fehlt ihm die Beschattung durch seine Nachbarn. Doch auch Bäume, wie diese Buche, dürfen, wenn sie keine Gefahr darstellen, im Wald verbleiben, damit sie neue nachwachsende Bäume beschatten können und selbst zum Lebensraum für Insekten, Vögel und Moose werden. Diese abgestorbenen Bäume nennt man „Habitatbäume“ (von lat. habitare= bewohnen), denn sie bieten beispielsweise vielen seltenen Tieren und Pflanzen Lebensraum.
Ein Teilnehmer stellte die naheliegende Frage, ob es sinnvoll wäre, von nun an klimaresistente Bäume wie zum Beispiel Douglasien anzupflanzen. Der Förster wies darauf hin, dass die Douglasie zwar keine heimische Baumart sei, doch dass es sie schon seit rund 140 Jahren in unseren Wäldern gäbe. Diese Baumart sei relativ widerstandsfähig gegen Wassermangel und komme auch mit wenig Nährstoffen gut zurecht. Doch sei sie, genau wie Baumarten aus dem Mittelmeerraum kein Allheilmittel. Wichtig sei vor allem die Auswahl standortgerechter Baumarten. Auch wenn man derzeit einen erheblichen Teil der Fichtenbestände und damit wertvollen Baumbestand verloren habe, sei man derzeit in der Lage den Wald auf einer großen Fläche möglichst klimaresistent neu zu gestalten. Das sei eine große Chance. Wichtig sei aber in jedem Einzelfall eine fallweise Betrachtung und Entscheidung auf der Grundlage des jeweils herrschenden Standortes, der durch Licht, Wasser und Nährstoffe definiert wird. Von großflächigen Versuchen mit fremdländischen Baumarten, wie Atlaszeder oder Baumhasel, hält der Förster derzeit nichts, denn es fehlten zu diesen Baumarten auf unseren Standorten belastbare Erkenntnisse. Im Stadtwald Bad Camberg soll also weiterhin auf standortheimische Baumarten gesetzt werden. Die Fichte wird dabei aber nur noch eine sehr kleine und unbedeutende Rolle spielen. Das steht fest.
Die wichtigste Aufgabe sei es also, so Förster Körver, den Wald mit zukunftsfähigen Bäumen für kommende Generationen fit zu machen und zu erhalten. „Bäume, die wir heute pflanzen, werden die nächsten Jahrhunderte im Wald stehen“, erklärte Körver. Vorangegangene Förstergenerationen hätten dies im Rahmen des Generationenvertrages und der Nachhaltigkeit auf diese Weise getan, so dass die Forstwirtschaft der vergangenen 300 Jahre die Wälder in ihrer heutigen Form prägen. Und wenn der Wald weiterhin nachhaltig genutzt werde, dann stehe der Rohstoff Holz auch kommenden Generationen zur Verfügung.
Nach drei Stunden endete diese sehr lehrreiche und mit großer Kompetenz vorgetragene Waldbegehung. Die Zuhörer waren begeistert. „Man spürt bei Förster Körver die Freude für seinen Beruf und die Verantwortung, die er übernimmt, damit den Pflanzen, Tieren und uns der Wald als Heimat erhalten bleibt“, brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt.
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