GRÜNE beantragen Umbenennung der Rudolf-Dietz-Straße

Die GRÜNEN haben für die Stadtverordnetenversammlung am 26. Juni beantragt, dass die Rudolf-Dietz-Straße umbenannt wird. Die Neubenennung des Straßennamens soll im Ausschuss für Kur-, Kultur und Tourismus beraten werden. Grund für den Antrag der GRÜNEN waren die Aktivitäten des Heimatdichters Rudolf Dietz (1863-1942) im „Dritten Reich“. Im Rahmen der aktuellen Diskussion um das Verhalten von Ex-Landrat Heinz Wolf in der NS-Zeit hat sich herausgestellt, dass auch Rudolf Dietz, nach dem eine Straße in Bad Camberg benannt wurde, belastet ist.

 

Rudolf Dietz lebte in Naurod, war Lehrer und wurde 1925 pensioniert. Er veröffentlichte etwa 1000 Mundartgedichte. In mindestens 30 Gedichten hat er die Juden diffamiert und in weiteren Gedichten die Weimarer Republik angegriffen und nationalsozialistisches Gedankengut vertreten und verbreitet. Das Stadtarchiv Wiesbaden schreibt dazu in einer Stellungnahme vom 4. September 2003: „Rudolf Dietz hat in einer ganzen Reihe seiner Gedichte antijüdische Ressentiments und Klischees reproduziert. Die jüdische Minderheit wurde dabei zum Ziel eines unverkennbar rassistisch ausgerichteten Spotts. So hat er keinen Zweifel an seiner Meinung aufkommen lassen, dass die Zugehörigkeit zur jüdischen Minderheit rassistisch determiniert sei.“ Das Stadtarchiv belegt weiter ausführlich, wie Rudolf Dietz die Juden als dumm, hässlich, verlaust, verwanzt, streitsüchtig, unehrlich, geldgierig und diebisch herabwürdigt. Auch in begleitenden Zeichnungen zu den Gedichten wurden die Juden abgewertet. Eines seiner Gedichte aus dem Jahr 1938:

 

For kaa‘ Gaas!

 

Der Moses Goldstein in der Stadt

E‘ „Warenhaus“, e‘ großes hat.

Des Rossels Fritz vo‘ Dotzem drauß

Stann letzthi‘ vir dem „Warenhaus“.

Sei‘ Dante saat: Gih met enin!

Eich kaafe der was Schenes drin!“

Des Fritsche awer saat zur Bas:

„Eich gihn nit met, noch for kaa‘ Gaas!

Mei‘ Vater saat letzt: Drin der Jud,

Der micht die klaane Leit kaput!“

 

In den letzten Jahren sind weitere belastende Fakten gegen Rudolf Dietz aufgetaucht. Notizen seiner Tagebücher belegen die Mitgliedschaft des Dichters im Deutschbund, einer völkisch-faschistischen, rassistischen und antisemitische Organisation in der Weimarer Republik. Er war ein Freund des einflussreichen und überzeugten Wiesbadener Nationalsozialisten Walter Minor, durch den 1933 die „Gleichschaltung“ der Volkshochschule wie auch des Volksbildungsvereins Wiesbaden radikal durchgeführt wurde.

 

Rudolf Dietz trat im April 1933 unter Mitglieds-Nr. 2367714 der NSDAP bei. Dafür bestand bei ihm kein beruflicher Grund, da er schon acht Jahre vorher pensioniert worden war. Später wurde er Mitglied der ‚Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt‘. Am 30. Juli 1933 schrieb er das folgende Lied:

 

Deutsches Reichslied

 

Tief im Rhein lag Schild und Wehre,

Und im Staub lag uns’re Ehre,

Schwer bedrückt das Vaterland,

Bittre Sorge, harte Hand.

Da verschwand die dunkle Wolke,

Da entstand im deutschen Volke

Jäh ein Aufstieg stolz und steil,

Unserem Führer Sieg und Heil.

Wo in träger Ruh‘ ohn‘ Ende

Lagen still Millionen Hände,

Regt sich froh beim Hitlergruß

Herz und Hirn und Faust und Fuß.

Und am Sonnentag wir stehen

Hoch auf uns’rer Heimat Höhen,

Seh’n, wie über Berg und Tal

Bricht des Sieges Feuerstrahl.

Und es weh’n die alten Farben

Derer, die für uns einst starben,

In der Flagge, Heil, Hurrah,

ist das Weiße wieder da!

Einig unterm Hakenzeichen

All‘ wir uns die Hände reichen,

Nie mehr trennt ein fremder Keil

Uns’re Treuschar – Hitler Heil!

 

In einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 1. April 2003 mit dem Titel: „Ein willfähriger Verkünder der Nazi-Ideologie“ berichtete der damals 87 Jahre alte Werner Prediger, er habe als Abiturient des Wiesbadener Leibnitz-Gymnasiums den Mundartdichter Rudolf Dietz 1936 kennen gelernt. Damals hätten die Nazis um die Gunst der Jugend gebuhlt. Mit vielen Festen sollten die Schülerinnen und Schüler auf das Dritte Reich und seine Führung eingeschworen werden. Häufig wurde dazu ein treuer Gefolgsmann der Nationalsozialisten eingeladen – der nassauische Mundartdichter Rudolf Dietz. „Der hat uns Schülern seine Verse vorgetragen“, berichtete Werner Prediger. Und zwar nicht die harmlosen, … sondern jene Gedichte, die die neuen Machthaber verherrlichten und die Juden verunglimpften. … Besonders infam: Unter Werner Predigers Mitschülern befanden sich damals noch jüdische Mitbürger. „Die haben sich das alles mit anhören müssen“, erzählte Werner Prediger mit Abscheu.

 

Nicht nur in Schulen trug Rudolf Dietz seine antisemitischen und faschistischen Gedichte vor, auch sonst versuchte er, sich bei den Nationalsozialisten anzudienen. So konnte ihm zum Beispiel am 3. Dezember 1934 der „Gaupropagandaleiter und Leiter der Landesstelle Hessen-Nassau des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“ mitteilen: „Sie sind vorgesehen, an dem Gelingen des Tages der nationalen Solidarität am 8.12. durch einen kurzen Rundfunk-Vortrag mitzuhelfen.“ Und die „S.A. der N.S.D.A.P. - Sturm 8 / 80 – Wiesbaden Dotzheim“ teilte ihm am 29. Oktober 1935 mit: „Der S.A. Sturm 8/80 beabsichtigt am Samstag, den 16. November im Turnerheim Dotzheim einen Bunten Abend zum Besten des Winterhilfswerkes durchzuführen. Wir bitten Sie um Ihre Mitwirkung an diesem Abend.“ Das Nassauische Volksblatt meldete am 22.11.1935 unter der Überschrift „Bunter Abend der SA.: „Unser Heimatdichter Rudolf Dietz fand mit zahlreichen alten und neuen Gedichten in Nassauer Mundart dankbare Zuhörer.“

 

Am 26. April 2003 schrieb das Stadtarchiv Wiesbaden in einer Stellungnahme: „Aus alledem geht hervor, dass Rudolf Diez als überzeugter Antidemokrat und Antisemit zu charakterisieren ist, ein von seiner Denkhaltung Überzeugter, der zur Traditionspflege des „dritten Reiches“ gewiss hervorragend geeignet gewesen wäre, nicht jedoch von einem freiheitlich-demokratisch verfassten Gemeinwesen bemüht werden sollte, das sich durch das Grundgesetz zu „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ bekennt und folgerichtig auch jedem Rassismus eine scharfe Absage erteilt.“

 

Die GRÜNEN schließen sich der Stellungnahme des Stadtarchivs an. Fraktionsvorsitzender Dieter Oelke: Die Benennung einer Straße nach Rudolf Dietz ist unserem Gemeinwesen unwürdig!

 

zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>